Multiple Diversität – Existenzielle Herausforderungen für TOP‐Teams

Äußere Komplexität erzeugt innere Dynamik

Äußere Komplexität erzeugt innere Dynamik

Diese Denkfigur erweist sich allenfalls auf in Bestandsmärkten und innerhalb stabiler Umwelten operierenden Organisationen als erfolgreich. Deren organisationale Emergenz (Mehrwert) beruht dabei eher auf Anschluss‐ und Benutzungszwang und nicht auf prozessualer oder produktbezogener Innovation. Angesichts zunehmender Komplexität außerhalb und innerhalb von Organisationen erweist sich diese Figur als immer weniger handlungsleitend und effektiv und trägt nicht mehr sehr viel weiter. Komplexere Prozesse als innere Antwort einer Organisation auf eine strukturell gekoppelte komplexe Welt, sind nun einmal nicht mehr nur kompliziert. Sie sind als sogenannte »adaptive Probleme« (Dierke & Houben, 2013, Übersicht S. 101) rückgekoppelt, sie sind nicht‐​linear. Und: einmal entschieden und umgesetzt, zeigen sie gelegentlich unerwartete, zum Teil erschreckende Resultate, deren Ergebnisse nicht mehr rückholbar sind. Die derzeit im Trend liegenden sogenannten agilen Konzepte erhöhen als konzeptionelle Antworthülsen darauf, zudem die innere Komplexität.  Gemeinsam mit dem, was man die durchgängige Digitalisierung von Prozessen nennt, treiben sie als einander verstärkende Akzeleratoren die Geschwindigkeit des inneren Wandels voran. Und sie sorgen zugleich für die chronische Verflüssigung von Organisationsstrukturen.

Hinzu kommt: Prozesse, die vormals das (lineare) Kerngeschäft unterstützten sollten, erweisen sich heute als zunehmend enger bindende multiple Restriktionen einer Wertschöpfungsumgebung: Fachkräftemangel, Demographie, spezifische Anforderungen nachfolgender Generationen (X, Y, Z…), Kunden‐ und marktorientierte Produktentwicklung, disruptive Bedrohungen, zunehmend drängender Reputationsfragen, CSR, Lieferkettenmonitoring, Compliance und Stakeholder‐​Erwartungen, Gender‐​Themen, Diversity, Identitätspolitik, Employer‐​Branding; Shareholder‐​Ermahnungen – siehe u.a. Blackrock. Auf diese Weise werden die Dynamik der Geschäftsmodelle und die Veränderung der Geschäftsprozesse vorangetrieben. Diesen folgt eine veränderte interne Ressourcenallokation und ihrer Prioritäten sowie eine maßgebliche und nachhaltige Ambiguität im Innern. Nicht zuletzt erfolgt aufgrund dieser Einflüsse eine zum Teil massiv veränderte Komposition der Ressorts und ihrer Besetzungen auf der Top‐​Management‐​Ebene. Diese resultiert angesichts äußerer Erwartungen zunehmend nicht mehr allein mono‐​dimensional fachlich divers geprägten Merkmalsaspekten. Sie werden künftig nach weiteren multiplen Diversitätskriterien entschieden. Organisationen signalisieren auf diese Weise ihrer relevanten Umwelt: »wir haben verstanden!«

Dies stellt neue, zum Teil sehr komplexe Herausforderungen an die innere Haltung und die Gestaltung der Zusammenarbeit auf Top‐​Team‐​Ebene dar.