Selbstbestimmung und Freiheit stärken, Solidarität leben
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Selbstbestimmung und Freiheit stärken, Solidarität leben
Wenn sich die überwiegende Mehrheit der Menschen angesichts der Corona‐Krise solidarisch und vernünftig verhält, dann zeigt das, wie stark der Wert Solidarität in unserer Gesellschaft verankert ist. Es stellt sich aber auch die Frage, wie stark der »starke Staat« überhaupt eingreifen soll. Die Debatte hierüber sollte offen und transparent im gesellschaftlichen Miteinander geführt werden. Hierin liegt die besondere Verantwortung von Politik, dieses Thema nicht unter sich auszumachen. Auch im Sinne von Logotherapie und Existenzanalyse sollte das Ziel sein, Menschen zu selbstbestimmter, eigenverantwortlicher Solidarität zu ermuntern und solidarisches Verhalten zu fördern. Verbote und Strafen machen erst Sinn, wenn daraus ein großer, unwiederbringlicher Schaden für die Gesamtheit entsteht. Das bedeutet, Hamsterkäufe auch aushalten zu können und lediglich über soziale Verhaltensregeln einzudämmen.
Viel wichtiger ist es jedoch, stärker den Leistungsbegriff der Logotherapie und Existenzanalyse zum Leben zu erwecken: Leistungsfähigkeit, Liebesfähigkeit und Leidensfähigkeit sind angesichts der Frage besonders auch von Leid, Schuld und Tod wichtige Schlüssel für ein gemeinsames Bewältigen der Krise. Wer sich selbst überwindet und für andere einsetzt, solidarisch mit ihnen ist, erfährt Selbstwirksamkeit. Das Erleben schöner Dinge gerade auch in schweren und düsteren Zeiten (Natur, Kunst, Musik …) stärkt die Liebes‐ und Hingabefähigkeit. Es gibt kein Leben ohne Leid, Schuld und Tod. Daher gilt es auch, die eigene Leidensfähigkeit zu entwickeln, um das Leben im Schatten von Corona bewältigen zu können. Und schließlich benötigen diejenigen Unterstützung und Begleitung, die helfen. Das gilt ganz besonders für jene, die die schwierigsten Entscheidungen in der gegenwärtigen Krise treffen müssen.
Datum der Erstveröffentlichung: 8. April 2020