Existenzielle Themen

Die vier Grundmotivationen wurden von Alfried Längle (* 1951) 1993 für die Existenzanalyse eingeführt. Sie können auch als Grundbedingungen oder Grundthemen der Existenz bezeichnet werden und beinhalten die existenziellen Anfragen an den Menschen und sein Leben. Der Begriff bezeichnet die »tiefste Motivationsstruktur der Person in ihrem wesensmäßigen Streben nach Existenz«. Das Konzept der vier Grundmotivationen erweitert die Motivationstheorie des Willens zum Sinn (Viktor E. Frankl) durch die Beschreibung dreier vorangehender und ihn bedingender, die Persönlichkeit strukturierende Motivationen.

Die vier Grundmotivationen © Dt. Empowerment-Institut

Die vier Grundmotivationen
© Dt. Empowerment‐Institut

Die vier Grundmotivationen greifen die Grundfragen auf, vor die der Mensch in seinem Leben grundsätzlich gestellt ist und die als Grundbedingungen ganzheitlichen Existierens erfahrbar werden (»existentielles Erlebnis«). Sie stecken damit die Bewältigungsbereiche der Existenz ab. In der Existenzanalyse gehen wir davon aus, dass bereits ein teilweises Abhandenkommen der Grundmotivationen die Existenz defizitär macht. Eine gelingende Lebensbewältigung setzt voraus, dass der Mensch eine vierfache »Einwilligung« in Form einer vierfachen Zustimmung gibt:

 1. Ja zur Welt – 2. Ja zum Leben – 3. Ja zum Selbst – 4. Ja zum Sinn 

Aus diesen Grundthemen der Existenz ergeben sich ganz konkrete Fragestellungen, die sich voneinander motivational unterscheiden, aber zusammen gehören. Immer geht es dabei um den personalen Bezug des Menschen zu diesen Grundbedingungen:

<strong>I. Welt und Wirklichkeit</strong><strong>II. Leben</strong><strong>III. Selbst</strong><strong>IV. Sinn</strong>
In der ersten Grundmotivation DASEIN‐​KÖNNEN geht es um den Welt‐ und Wirklichkeitsbezug mit der grundsätzlichen Frage: »Ich bin – kann ich sein?«. Der Mensch ist in dieser Welt, in ihrer eigenen Wirklichkeit – wie kann die Person ihr Dasein, ihr Leben auf dieser Welt bewältigen? Kann sie unter den gegebenen Umständen überhaupt sein?

Dabei stellen sich die Fragen nach Schutz, Raum und Halt. Wenn ein Mensch sich grundsätzlich geschützt, sicher und gehalten fühlt, entsteht daraus das Grundvertrauen als Basis für sein Dasein.

In der zweiten Grundmotivation WERTSEIN‐​MÖGEN geht es um den Lebensbezug mit der grundsätzlichen Frage: »Ich lebe – mag ich leben?«.

Um ein existenzielles Leben zu verwirklichen, braucht es im Leben Beziehungen, die Zeit als Raum für Beziehungen und die Nähe zu Menschen und Objekten. Auf dieser Basis kann der Mensch Zuwendung geben und erhalten. Daraus erwächst ein tiefes Wahrnehmen des Wertes, den das Leben an sich hat: den sogenannten Grundwert.

In der dritten Grundmotivation SELBSTSEIN‐​DÜRFEN geht es um den Selbstbezug mit der grundsätzlichen Frage: »Ich bin ich – darf ich so sein?«. Um selbst sein zu dürfen, braucht es drei Voraussetzungen: Beachtung, Gerechtheit und Wertschätzung.

Wenn ein Mensch gesehen und beachtet wird, entsteht ein Selbstbild in Abgrenzung zu anderen Personen. Daraus entwickelt sich ein Gefühl der eigenen Mitte, des eigenen Wertes. Und wenn ein Mensch aufgrund der erstarkten Eigenständigkeit ein Gefühl für das für ihn Richtige entwickelt, kann er Recht von Unrecht unterscheiden. Er beurteilt sein eigenes Handeln und das Handeln anderer anhand seiner Werte. Sein Selbstbild gewinnt an Festigkeit, sein Selbstwert wird begründet.

In der vierten Grundmotivation SINNVOLLES‐​WOLLEN geht es um den Sinnbezug mit der grundsätzlichen Frage: »Ich bin da – wofür soll ich da sein?«.
Der Mensch will sein Dasein verstehen. Er fragt nach dem Woher, Wohin und Wozu: Diese Sinnfragen sind wesentlich für seine Existenz.

Als Voraussetzungen für eine erfüllende Existenz braucht es einerseits ein Tätigkeitsfeld, um das anzuwenden und umzusetzen, was dem Menschen wichtig ist. Zudem braucht es einen Kontext, in dem der Mensch eingebunden ist, den Strukturzusammenhang (Familie, Arbeitsplatz, Natur etc.). Auf der Grundlage eines in die Zukunft gerichteten Wertes ensteht durch das Handeln des Menschen nach und nach sein Lebenswerk. So erlebt der Mensch Erfüllung und ein Gefühl des Aufgehobenseins, sein Dasein erhält einen existenziellen Sinn.