Der totale Zugriff der Organisation auf den Menschen

Auswege: Exit Existenz

Auswege: Exit Existenz

Individuell

Die Existenz, das menschliche Leben, ist von der Auseinandersetzung mit den sich aufdrängenden Fragen (Wo ist mein Ort in der Welt? Was gibt mir Halt? Was will ich, das aus mir werden soll? Woraufhin richte ich mein Leben aus? Worauf möchte ich zurückblicken können? Wozu bin ich?), ihrer Beantwortung und der damit verbundenen Entwicklung gekennzeichnet. Für genau dies ist in der Informations‐ wie der Marktgesellschaft kein Platz. Was uns eigentlich und wesentlich zu Individuen macht, mit einer eigenen Sicht auf die Welt, das gerät ins Hintertreffen.

Um unser Leben aber als erfüllt ansehen zu können, ist es wichtig, ein Leben zu leben, das wir selbst geschaffen haben. Und nicht ein Leben, dass sich der Marktgesellschaft unterwirft. Dafür ist es notwendig, die eigene Zeitlichkeit und Endlichkeit in den Blick zu nehmen und damit die Möglichkeiten des eigenen Daseins zu erkennen. Das bedeutet aber auch, der Angst vor der Leere entgegenzutreten; sie ist schon da und begleitet uns ein Leben lang. Doch können wir entscheiden, welche Möglichkeiten, die das Leben uns bietet, wir wählen. Mut, Demut, Erkenntnis, Entwicklung, Liebe, Solidarität, Verbundenheit, Glaube, Hoffnung, Gerechtigkeit – es gibt viele Gegenkräfte, mit denen wir der Angst begegnen können.

Der Spielraum dafür ist allerdings – endlich. An der Auseinandersetzung damit führt kein Weg vorbei. Doch dafür brauchen wir – Raum und Zeit.

Organisational

Die Organisationen (vielmehr ihre Führungskräfte) sind an dieser Stelle aufgefordert, die Grenzen der beschäftigten Menschen in den Blick zu nehmen, um der Entgrenzung in den eigenen Strukturen entgegenzuwirken. Der Fortschritt lässt sich nicht aufhalten, vor allem der digitale nicht. Er soll aber dem Menschen dienen. Auch in virtuellen Kontexten ist es möglich, permanente Grenzüberschreitungen aufzuhalten. Darüber hinaus wäre bereits ein weniger hilfreich: weniger Einflussnahme als »Influencer«, weniger Management von Emotionen, weniger Inszenierung, weniger Gleichmacherei und weniger »Kidnapping« von Gefühlen und Bedürfnissen der Beschäftigten. Aus existenzieller Sicht ist eine Rückbesinnung auf den wesentlich funktionalen Auftrag von Führung wichtig. Dieser besteht darin, der Organisation als sozialem System Struktur, Halt und Orientierung zu geben.

Vier Grundaufgaben lassen sich dafür beschreiben: 1. Für Sicherheit sorgen (mit dem Fokus auf Organisation und Information); 2. Beziehungen ermöglichen (mit dem Fokus auf Beziehung und Beteiligung); 3. Eigenverantwortung fördern (mit dem Fokus auf Leistung und Anerkennung) und 4. Orientierung geben (mit dem Fokus auf Werte und Sinn/​Ziele).

Damit dies auch gelingen kann, ist ein personal gelebtes Führungsverständnis wichtig, was bedeutet, diese Grundaufgaben authentisch, entschieden und mit echtem Interesse den Beschäftigten gegenüber auszuüben.

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